1. Strategieentwicklung

Potentiale entdecken

Im ersten Schritt ist es wichtig, eine Strategie gegen Entwaldung zu entwickeln. Hinweise dazu und welche Elemente in der Strategie unbedingt enthalten bzw. definiert sein sollten, finden sich auf dieser Seite.


§ EUDR - EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten


Wissen Sie, ob Ihr Unternehmen von der neuen ⇒ EU-Verordnung über die Bereitstellung bestimmter Waren und Erzeugnisse im Zusammenhang mit Entwaldung und Waldschädigung auf dem Unionsmarkt und ihre Ausfuhr aus der Union, kurz EUDR genannt, betroffen ist? Kennen Sie die Anforderungen, die Ihr Unternehmen gegebenenfalls ab dem 30.12.2024 bzw. 30.06.2025 erfüllen muss? Auf der → EUDR-Seite finden Sie alle wichtigen Informationen dazu.

Im elan! Portal werden Hinweise auf die EUDR-Anforderungen in blauen Kästen wie diesem dargestellt.


Definitionen

Ob die Lieferkette eines Unternehmens frei von Entwaldung ist, hängt stark von der angewendeten Definition von Wald, Entwaldung und Waldschädigung ab. Unternehmen sowie zahlreiche internationale Zertifizierungen bedienen sich verschiedener Definitionen von Wald und Waldverlust, was die Diskussion, ob eine Lieferkette entwaldungsfrei ist, undurchsichtig macht. Eine festgelegte Definition anhand quantitativer und qualitativer Kriterien ist deswegen essentiell.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen in diesem Zusammenhang die Definitionen durch die Accountability Framework initiative (AFi) sowie die verwendeten Definitionen innerhalb der EUDR:

Entwaldungsdefinition gemäß AFi

Laut AFi ist Entwaldung der Verlust von natürlichem Wald durch:  

i) Umwandlung (= Änderung der Landnutzung oder tiefgreifende Veränderung der Artenzusammensetzung, Struktur oder Funktion eines natürlichen Ökosystems) in eine landwirtschaftliche oder andere nicht forstwirtschaftliche Bodennutzung,

ii) Umwandlung in eine Baumplantage oder 

iii) schwerwiegende und anhaltende Degradierung.

Quantitativ betrachtet stimmen sie mit der Walddefinition der FAO überein (mind. 0,5 ha Fläche, 5 m Baumhöhe und einer Baumkronenabdeckung von mehr als 10 % oder mit Bäumen, die diese Werte an Ort und Stelle erreichen können). Sollten aber nationale Gesetze stärkere Definition haben, so gelten diese.

In der qualitativen Definition von Wald soll dieser die meisten/viele Merkmale des am Standort heimischen Waldes aufweisen (Artenzusammensetzung, Struktur, ökologische Funktion), d.h. es handelt sich um:  Primärwälder, verjüngten Wald (Zweitwuchs), bewirtschafteten Naturwald, in dem natürliche Ökosystemmerkmale neben Aktivitäten wie der Holzernte bestehen, oder teilweise geschädigte Wälder (vom Menschen verursacht oder nicht), deren Fläche nicht für andere Zwecke umgewandelt wurde.   

Degradierung bedeutet, dass sich Artenzusammensetzung, Struktur oder Funktion innerhalb eines natürlichen Ökosystems derart (negativ) verändern, dass die biologische Vielfalt und/oder die Ökosystemleistungen reduziert werden. Degradierung kann entsprechend zur Umwandlung führen.

Als Cut-off Datum empfiehlt AFi spätestens den 1. Januar 2020 zu wählen.

Entwaldungsdefinition gemäß § EUDR

Die am 29.06.2023 in Kraft getretene EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten enthält unter Kapitel 1, Artikel 2 eigene Definitionen zu Wald, Waldschädigung (Degradierung), Entwaldung und Entwaldungsfreiheit:

Entwaldung ist demnach die Umwandlung von Wald in landwirtschaftliche Nutzflächen, unabhängig davon, ob sie vom Menschen verursacht wurde oder nicht oder ob sie legal ist oder nicht.

Qualitativ gilt auch hier die Walddefinition der FAO; ausgenommen sind Flächen, die überwiegend landwirtschaftlich oder städtisch genutzt werden.

Als Degradierung gilt jede strukturelle Veränderung der Waldfläche durch Umwandlung von Primärwäldern oder natürlich nachwachsenden Wäldern in Plantagenwälder oder „andere bewaldete Flächen“ (hier gilt die FAO-Definition für „other wooded land“) sowie die Umwandlung von Primärwäldern in gepflanzten Wald.

Cut-off Datum ist laut EUDR der 31. Dezember 2020.

Empfehlung

Um möglichst klima- und biodiversitätsfreundlich zu handeln, sollten Unternehmen den Null-Brutto-Entwaldungsansatz nutzen, Degradierung berücksichtigen und ein möglichst frühes Cut-off Datum wählen, spätestens jedoch den 31. Dezember 2020.

Der Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern sind entscheidend, um die Auswirkungen von Degradierung zu minimieren und die langfristige Gesundheit von Waldökosystemen zu erhalten. Maßnahmen wie Aufforstung, nachhaltige Forstwirtschaftspraktiken und Schutzgebiete können dazu beitragen, Walddegradierung zu reduzieren und die natürlichen Ressourcen zu erhalten.


Null-Entwaldung in Unternehmen

Strategie entwickeln, Zuständigkeit festlegen, Ziele setzen

Falls Ihre Nachhaltigkeits- oder Unternehmensstrategie Entwaldung bereits berücksichtigt, ist das hervorragend. Wollen Sie eine neue Strategie zur Vermeidung von Entwaldung entwickeln, finden Sie im Folgenden Schlüsselelemente, die Sie dabei berücksichtigen sollten. Und auch wenn Sie bereits über eine Strategie verfügen, lohnt sich der Check nachfolgender Elemente, um ggf. nachzuschärfen:

  • Die Strategie gilt für das gesamte Unternehmen, inkl. Tochtergesellschaften, und schließt sämtliche relevante Abteilungen ein.
  • Es werden konkrete wissenschaftsbasierte Ziele zur Verringerung von Entwaldung bzw. Entwaldungsrisiken in der Geschäftstätigkeit, den Lieferketten und den Geschäftsbeziehungen definiert, bestenfalls Null-Bruttoentwaldung.
  • Die Ziele sind zeitgebunden, es gibt ein Cut-off Datum und die Begriffe Wald, Entwaldung und Walddegradierung sind definiert.
  • Zielvorgaben und Definitionen können auf den Anforderungen von Standards oder Multi-Stakeholder-Initiativen basieren, bzw. müssen ggf. den gesetzlichen Anforderungen (EUDR) entsprechen.
  • Von den rechtlichen Rahmenbedingungen sollten alle betreffenden Mitarbeitenden Kenntnis haben.
  • In der Strategie wird…
    • das Entwaldungsrisiko erläutert (direkt/indirekt und in Bezug auf bestimmte Rohstoffe/Produkte, an deren Handel/Verarbeitung das Unternehmen beteiligt ist),
    • bei gesetzlicher Verpflichtung das Verfahren zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht dargelegt und
    • die Erwartung des Unternehmens an seine Mitarbeitenden, Geschäfts- und andere Partner festgelegt.
  • Die Strategie stützt sich auf einschlägiges internes und externes Fachwissen.
  • Verantwortung und Umsetzung sind auf höherer, bei KMU auf höchster Ebene angesiedelt.

Weitere Elemente, die Ihre Null-Entwaldungsstrategie berücksichtigen sollte:

  • Die Strategie ist öffentlich zugänglich.
  • Es gibt ein Aktualisierungsverfahren.
  • Die Strategie ist in Aufsichtsgremien, Managementsystemen und verschiedenen Unternehmensfunktionen verankert.
  • Entsprechende Erwartungen und Richtlinien werden in die Zusammenarbeit mit Lieferanten und anderen Geschäftspartnern einbezogen.
  • Es gibt ein System zur Umsetzungs- und Erfolgskontrolle.
  • Es gibt einen Beschwerdemechanismus auf operativer Ebene, abgestimmt mit den relevanten Interessengruppen.

Erste Schritte zur EUDR § Compliance

Erste Schritte, die ein Unternehmen auf dem Weg zur EUDR-Compliance gehen sollte:

Betroffenheitsanalyse:

  • Rohstoffe: Sind Sie als Unternehmen überhaupt von der EUDR betroffen? Hierfür ist ein Abgleich der durch das Unternehmen in Verkehr gebrachten bzw. auf dem EU-Markt bereitgestellten Rohstoffe und Erzeugnisse mit den aufgeführten Rohstoffen in Annex I der Verordnung bzw. der ergänzenden Nomenklatur notwendig.
  • Position in der Lieferkette: Sind Sie für die betreffenden Rohstoffe als Marktteilnehmer oder Händler tätig?  Werden Sie gemäß Art. 3 RL 2013/34/EU als großes Unternehmen, KMU oder als Kleinstunternehmen eingestuft? Diese Informationen entscheiden darüber, ob eine Sorgfaltsprüfung erforderlich ist oder nicht.
  • Herkunftsland/-region: Beziehen Sie aus Niedrig-, Standard- oder Hochrisikogebieten? Die Einordnung entscheidet darüber, ob eine vollständige oder vereinfachte Sorgfaltsprüfung erforderlich ist.

Lieferanten-Kommunikation:

  • Wenn Sie wissen, für welche Rohstoffe/Erzeugnisse Sie eine Sorgfaltsprüfung durchführen müssen, gilt es, die entsprechenden Lieferketten zurückzuverfolgen bzw. Informations- und Datenlücken zu identifizieren. Um Transparenz herzustellen und die Lücken zu schließen, gilt es, Kontakt zu allen betreffenden Vorlieferanten aufzunehmen.

Waldschutz bedeutet Klimaschutz

Wie Unternehmen mit entwaldungsfreien Lieferketten Treibhausgasemissionen vermeiden können

Der Sektor der Land- und Forstwirtschaft sowie anderer Landnutzungsformen ist verantwortlich für rund 23 % der globalen Netto-Treibhausgasemissionen (13 Gt CO2eq in 2019). Rund die Hälfte davon ist der Landnutzungsänderung zuzuschreiben. 

Im Entwaldungsstopp liegt also ein enormer Hebel zum Klimaschutz. Wissenschaftler*innen gehen sogar noch einen Schritt weiter: Um die im Pariser Klimaabkommen 2015 festgelegten Ziele einzuhalten und eine effektive, weltweite sowie unternehmerische Reduzierung klimaschädlicher Emissionen zu erreichen, ist ein globaler Entwaldungsstopp innerhalb dieses Jahrzehnts unumgänglich.

Damit auch Unternehmen auf dem 1,5°-Pfad bleiben, sollten sie die gesamten Emissionen, die ihre Lieferketten – insbesondere am Herkunftsort – verursachen, quantifizieren und effektiv reduzieren.

Wie das gelingen kann, erläutert das ⤓ Klimaschutz-Factsheet.


 

 


Zwischenfazit 1/3


Wenn Sie alle Themen auf dieser Seite bearbeitet haben, sollte dies der Zwischenstand Ihres Unternehmens sein:

  • Sie haben eine Strategie gegen Entwaldung entwickelt, konkrete Ziele gesetzt und terminiert.

  • Ihre Strategie enthält eine konkrete Wald- und Entwaldungsdefinition, ein ambitioniertes Cut-off Datum und berücksichtigt auch Waldschädigung/Degradierung.

  • Die Anforderungen der EUDR sind Ihnen bekannt. Ihre Strategie beruht mindestens auf den Vorgaben der EUDR.

  • Sie sind sich der Klimaschutzwirkung entwaldungsfreier Lieferketten bewusst und können für Ihre Maßnahmen gegen Entwaldung die CO2-Einsparung bestimmen (lassen).

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